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Dissertationen (eigene und begutachtete):

G. Wilke:
"Towards Approximate Tolerance Geometry for GIS";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): A. Frank, J. Stell; Geoinformation und Kartographie, 2012; Rigorosum: 05.06.2012.



Kurzfassung deutsch:
Die vorliegende Dissertation befasst sich mit der Modellierung von Unvollkommenheiten räumlicher Information in geographischen Informationssystemen (GIS). Das Forschungsgebiet ist Teil der Geoinformationswissenschaften, und hat eine lange Geschichte: Aufgrund von begrenzter Messgenauigkeit, Messfehlern, Fehlregistrierungen, unscharfen Objektgrenzen, etc. sind die in einem GIS gespeicherten räumlichen Informationen niemals exakt - und in diesem Sinne unvollkommen.
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Methoden und Kalküle vorgeschlagen, um unvollkommene räumliche Information in GIS zu repräsentieren und zu propagieren. Während topologische Kalküle oft auf mathematisch fundierten algebraischen oder axiomatischen Theorien aufbauen, sind geometrische Kalküle meist auf Heuristiken angewiesen,
da geometrische Information wesentlich reichhaltiger ist als topologische Information. Axiomatische Kalküle haben gegenüber heuristischen Ansätzen einen wesentlichen Vorteil: Es ist formal beweisbar, ob die errechneten Ergebnisse mit der Wirklichkeit - bzw. mit der definierten Semantik - übereinstimmen oder nicht. Mit anderen Worten, die Korrektheit des Kalküls ist beweisbar. Diese Eigenschaft bekommt mit der zunehmenden Nutzung von GIS, z.B. in Anwendungen wie Katastrophenmanagement, wachsende Bedeutung, denn die Korrektheit der verwendeten Kalküle garantiert die Verlässlichkeit von GIS-basierten Analysen. Die vorliegende Dissertation stellt die Hypothese auf, dass es möglich, ist eine korrekte axiomatische Geometrie zu definieren, die mit unvollkommener geometrischer Information umgehen kann.
Die Arbeit beschränkt sich auf Positionstoleranz als eine Art von Unvollkommenheit räumlicher Information. Um eine korrekte geometrische Theorie unter Positionstoleranz zu aufzustellen, schlagen wir ein Fuzzy Logik basiertes Framework vor, das es erlaubt die Axiome der klassischen Geometrie durch Grade von Wahrheitsähnlichkeit anzureichern. Dem Framework zu Grunde liegt die Annahme dass klassische Geometrie eine Idealisierung einer - wahrgenommenen oder gemessenen - "realen Geometrie" darstellt und dieser ähnlich ist. Der Grad der Ähnlichkeit von geometrischen Aussagen wird als Wahrheitsähnlichkeit ausgedrückt, die Ähnlichkeit der beiden Geometrien wird mit Ähnlichkeitslogik modelliert. Die hier benutzte Ähnlichkeitslogik ist Fuzzy Logik mit evaluierter Syntax, eine Weiterentwicklung der Rational Pavelka Logik.
Die vorliegende Forschung verifiziert die Hypothese teilweise: Um ein Maß für Wahrheitsähnlichkeit festzulegen, definieren wir "Wahrheit" in Form einer formalen Semantik für Geometrie unter Positionstoleranz, die für GIS Anwendungen konzipiert ist. Wir zeigen exemplarisch anhand der Gleichheitsaxiome dass das Framework erfolgreich angewendet werden kann. Wir zeigen außerdem, dass eine mit Hilfe des vorgeschlagenen Frameworks abgeleitete Theorie notwendig korrekt sein muss. Die Forschung zeigt jedoch auch, dass die Anwendung des Frameworks auf Euklid´s Erstes Postulat auf Basis der vorgeschlagenen Semantik ein triviales (d.h. immer wahres) Ergebnis liefert, welches nicht den intendierten Zweck für GIS Anwendungen erfüllt. Die Ergebnisse der Arbeit deuten darauf hin, dass die vorgeschlagene Semantik nicht reichhaltig genug ist, um eine nicht-triviale geometrische Theorie mit Positionstoleranz zu erzeugen, und dass es, um dieses Ziel zu erreichen, nötig ist, die Semantik um einen weiteren Parameter anzureichern. Im Nachhinein betrachtet scheint dieses Resultat mit der Intuition übereinzustimmen. Wir geben Anregungen, wie der zusätzliche Parameter in das Framework eingebunden werden kann, überlassen eine detaillierte Ausarbeitung aber der zukünftigen Forschung.

Kurzfassung englisch:
The thesis addresses the research topic of modeling imperfect spatial information in geographic information systems (GIS). The topic has a long standing history in geographic information science: Due to, e.g., limited measurement accuracy, measurement errors, misregistration or unsharp object boundaries, spatial information stored in a GIS is never exact - and imperfect in this sense.
In the past, numerous methods and calculi have been proposed for representing and propagating imperfect spatial information in GIS. While topological calculi are often based on mathematically well-founded algebraic or axiomatic theories, geometric calculi mostly rely on heuristics, which is due to the fact that geometric information is much richer than topological information. Axiomatic calculi have one major advantage over heuristic approaches: It is possible to formally prove if calculated results correspond to reality (more precisely, to the defined interpretation) or not. In other words, the soundness of an axiomatic calculus is provable. With the proliferation of GIS, e.g., in applications such as disaster management, soundness of reasoning becomes increasingly important, since it guarantees the reliability of GIS-based spatial analysis. In the present work, we hypothesise that it is possible to define a sound axiomatic geometry that can handle imperfect geometric information.
We approach the problem by addressing positional tolerance as one particular type of imperfection in spatial information. In order to establish a sound geometric theory under positional tolerance, we propose a fuzzy logic based framework that allows for augmenting the axioms of classical geometry by degrees of truthlikeness. The aproach is based on the assumption that classical geometry is an idealization of a - perceived or measured - "real world geometry", and that the two geometries are similar to each other. The degree of similarity of statements is expressed as a truthlikeness degree, and the similarity of the two geometries is modelled with similarity logic. The similarity logic we use is fuzzy logic with evaluated syntax, which is a generalization of Rational Pavelka Logic.
The research partially verifies the hypothesis: In order to define a truthlikeness measure, we define "truth" by a formal semantic for geometry with positional tolerance, which is designed for GIS applications. We use the equality axioms to show exemplarily that the framework is successfully applicable. We show that any theory that is devised by means of the proposed framework is sound. Yet, the research also shows that, with the proposed semantic, the application of the framework to Euclid´s First Postulate yields a trivial (i.e., always true) theory, which does not fulfill the intended purpose for GIS applications. The results of the work indicate that the proposed semantic is not rich enough to provide a non-trivial theory of geometric reasoning under positional tolerance, but instead must be extended by adding an additional parameter. With the benefit of hindsight, this result seems to correspond to intuition. We propose directions for augmenting the framework by an additional parameter, but leave its full development for future work.

Schlagworte:
GIS, geometry, positional tolerance, error propagation, approximate reasoning, fuzzy logic, similarity logic

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.